Navigation überspringen
Kontakt

Elke Strauchenbruch
 

Hinter der Kirche 4

38312 Börßum

 

Telefon:   (03491) 64 54 44

Handy:   (0157) 88310124

 

Schriftgrad:
normale Schrift einschaltengroße Schrift einschaltensehr große Schrift einschalten
Elke Strauchenbruch- Stadtführerin Wittenberg und Autorin
  • Startseite
  • Kulturgeschichtliche Texte
  • Frauen in der Geschichte
  • Lesungen & Vorträge
  • Meine Bücher
  • Biografie
  • Autorin
  • Termine
  • Kontakt
  • Anfahrt
 
Link verschicken   Druckansicht öffnen
 

Die andere Seite der Geschichte - Frauen in Sachsen und Anhalt 6 Kunigunde von Sachsen

11.09.2021
König Kasimir von Polen als Kirchenstifter
Lupe

Kunigunde von Sachsen – die Wittenberger Schlosskirche, Vermächtnis einer polnischen Königstochter

Von Elke Strauchenbruch

Der mächtige Herzog Rudolf I. von Sachsen-Wittenberg war etwa 20 Jahre mit der ebenfalls von Albrecht dem Bären abstammenden Brandenburgerin Jutta verheiratet. Herzogin Jutta starb am 17. März 1328 und wurde, wie alle Familienmitglieder, im Chor der Franziskanerklosterkirche bestattet.[1] Das Paar hatte acht Kinder gezeugt, darunter die späteren Kurfürsten Rudolf II. und Wenzeslaus von Sachsen.

Am 31. Mai, also nur wenige Wochen nach dem Tod der aus Brandenburg stammenden sächsischen Herzogin Jutta, erklärte der Papst alle Handlungen König Ludwig von Bayerns für nichtig, drohte das Interdikt an und legte einen sofortigen Termin zur Neuwahl des Königs fest. Die Königsmacht wurde zugunsten der Königswähler massiv eingeschränkt. Auch der gerade verwitwete sächsische Herzog Rudolf erhielt für sein Land die volle Gerichtsbarkeit, das Burg-, Münz-, Zoll-, Berg- Salz- und Judenregal. König Ludwig wehrte sich und versuchte unter anderem, den Sachsenherzog an sich zu binden, indem er ihm auf zwölf Jahre die Niederlausitz mit den zugehörigen Städten, wie Fürstenwalde und Beeskow, verlieh. Die Einkünfte des Herzogs stiegen durch dieses Pfand beträchtlich.[2] Aber er stieg immer weiter in die Kämpfe um den Besitz der vakant gewordenen Markgrafschaft Brandenburg ein, aus der der seine erste Frau stammte.

Hatte der gerade verwitwete Herzog Zeit um seine Gemahlin zu trauern? Wohl nicht. Noch im selben Jahr wurden in der Herzogsfamilie neue Heiratsprojekte verwirklicht. Die um 1310 geborene Tochter Agnes wurde 1328 mit Fürst Bernhard III. von Anhalt-Bernburg verheiratet. Das stärkte die Familienbande in Mitteldeutschland. Doch der Herzog musste auch nach Osten denken. Darum verheiratete Herzog Rudolf I. seine erste Tochter mit Herzog Bernhard von Polen. Doch die Tochter starb noch in Wittenberg und fand in der Familiengrablege im Franziskanerkloster ihre letzte Ruhe. Der inzwischen 44-jährige Herzog Rudolf heiratete noch 1328 die Witwe Kunigunde des schlesischen Herzogs Bernhard II. von Schweidnitz.[3]

Kunigunde war um 1298 geborene die älteste Tochter des Königs Wladislaw I. von Polen und Schwester des späteren Königs Kasimir der Große von Polen. Ihrem ersten Gatten hatte sie zwei Töchter und zwei Söhne geboren. Töchterchen Beata begleitete ihre Mutter auf der Reise nach Wittenberg und starb hier um 1330, kurz nach ihrer Ankunft. Sie wurde als Mitglied der askanischen Fürstenfamilie in der Franziskanerklosterkirche bestattet.[4]

Bei Hochzeiten ging es damals nicht um Liebe sondern um Politik. Der Brautvater wollte offensichtlich in Rudolf von Sachsen einen Bündnispartner gewinnen, denn König Johann von Böhmen, der Vater des vom Papst für die anstehende Königswahl favorisierten Karl IV., war im Vorjahr in Polen eingefallen und versuchte Krakau zu gewinnen und die schlesischen und die sächsischen Herzöge an sich zu binden.

Die Eheschließung Kunigundes mit Herzog Rudolf musste dem Polenkönig 1328 als Möglichkeit erscheinen, seinem Feind wichtige Bündnispartner zu entziehen und diese an sich zu binden. Bis zu dessen Ächtung im November 1333 war der Sachsenherzog Parteigänger des Königs Ludwig der Bayer und damit ein mächtiger Gegenspieler zum aufstrebenden Karl IV. Die Verbindung mit der Königstochter bot dem Sachsen  wiederum viele neue politische Möglichkeiten und Chancen auf Machtzuwachs. Damals war es für Fürstenfamilien äußerst wichtig, königliches Blut in ihren Adern fließen zu haben. Schon Herzog Rudolfs Mutter Agnes war eine Tochter König Rudolf I. gewesen. Im ständischen Denken waren diese familiären Verbindungen von größter Bedeutung und sicherten die Stellung dieser Familien in der Spitze der damaligen Gesellschaft. Um 1330 erfüllte sich der sächsische Traum vom königlichen Blut wieder als der Sohn Miesco geboren wurde. Doch der Traum platzte 1350 als Miesco starb, ohne Nachkommen gezeugt zu haben. Er und sein Vater Rudolf I. hatten die Mutter und Ehefrau Kunigunde schon am 9. April 1333 verloren[5], nur einen Monat nach dem Tod König Wladislaws I. von Polen und dem Regierungsantritt von Kunigundes Bruder Kasimir, der als „der Große“ in die Geschichte Polens einging. Durch seine Gemahlin war der Sachsenherzog auch mit dem ungarischen König verwandt, der ihre Schwester Elisabeth geheiratet hatte.

Erneut blieb nur wenig Zeit für Trauer. Nur wenige Monate nach Kunigundes frühem Tod entband Papst Benedikt XII. am 19. November 1333 alle Fürsten und Freien des Reiches von ihren Kaiser Ludwig geleisteten Eiden.[6]  Die Verhandlungen um die Neuwahl eines Königs gewannen an Kraft.  Der Vater Karls IV., König Johann von Böhmen, gewann den sächsischen Herzog Rudolf I. als Königswähler durch Zahlung bedeutender Summen für den Sohn. Es ging um die große europäische Politik, deren Kräfteverhältnisse, Zielsetzungen und politische Spieler sich nun auf Jahrzehnte entscheidend veränderten.

So lange Herzog Rudolf denken konnte hatte seine Familie zum Besuch von Gottesdiensten nur eine Kapelle in Pratau zur Verfügung, also auf der anderen Seite der Elbe. Diese Kapelle hatte man um 1330 wegen schwerer Hochwasserschäden nach Kemberg verlegen müssen.[7] Die Herrscherfamilie brauchte nun zum Gottesdienstbesuch nicht mehr den Fluss überqueren, was aufwändig und teilweise gefährlich gewesen ist, denn nun wäre auch noch die Reise über Land nach Kemberg hinzugekommen. Das wäre nicht allzu langwierig geworden, aber zusätzlich beschwerlich bei Überschwemmungen der Elbaue und schlechtem Wetter.

Für Gottesdienstbesuche und religiöse Handlungen standen der Familie nun nur die Kirche des Wittenberger Franziskanerklosters mit ihrer Familiengrablege und die Stadt- und Pfarrkirche der Wittenberger Bürger zur Verfügung. Das entsprach jedoch keinesfalls dem hohen gesellschaftlichen Rang des Sachsen und hatte den Druck auf die Bemühungen des Herzogs um die Gründung einer eigenen Kapelle in der eigenen Burg verstärkt. Nach langen Verhandlungen mit dem der Familie freundschaftlich verbunden Magdeburger Erzbischof Otto von Hessen und der damals in Avignon residierenden Kurie Papst Benedikts durfte Herzog Rudolf 1338 das Allerheiligenstift und damit die Wittenberger Schlosskirche als Vermächtnis seiner verstorbenen Ehefrau Kunigunde gründen.

Am 10. September 1342 wurde von Papst Clemens VI. in Avignon die erste Ablassurkunde zugunsten der Wittenberger Stiftskirche unterzeichnet. Sie versprach jeweils 40 Tage Ablass für den Besuch der Kirche an verschiedenen Festtagen. In den folgenden Jahren bis zum Tode Rudolf I. wurden weitere neun Ablassurkunden erworben, die einen Ablass von insgesamt 1.300 Tagen pro Besuch versprachen.[8] Herzogin Kunigundes Vermächtnis wurde die Grundlage für die spätere Entwicklung bis hin zum Thesenanschlag und Beginn der Reformation in Wittenberg.

 

[1] Fritz BÜNGER und Gottfried WENTZ, Das Bistum Brandenburg, in: Kaiser-Wilhelm-Institut für Deutsche Geschichte (Hrsg.), Germania Sacra. Die Bistümer der Kirchenprovinz Magdeburg. 2. Teil, Band 3, Berlin, Verlag Walter de Gruyter & Co, 1941, S. 385: Regierende Fürsten und ihre Gemahlinnen, Nr. 5; Franz JÄGER, Das sogenannte Zerbster Totenbuch. Eine quellenkritische Vorstellung unter Berücksichtigung eines Archivfundes in Weimar, in: Harald Meller (Hrsg.) Archäologie in Wittenberg III Die ehemalige Klosterkirche der Franziskaner in Wittenberg. Aktuelle Ausgrabungen und neue Forschungen 2008-2015. Kolloquium, Halle 2019, S. 329 Anhang 3 Nr. 6; Christian MEYER, Jens BRAUER, Holger RODE und Kurt W. ALT, Osteoarchäologische Untersuchung und Identifizierung der Bestattungen der kurfürstlichen Askanier in der Klosterkirche der Franziskaner zu Wittenberg, in: Harald Meller (Hrsg.) Archäologie in Wittenberg III Die ehemalige Klosterkirche der Franziskaner in Wittenberg. Aktuelle Ausgrabungen und neue Forschungen 2008-2015. Kolloquium, Halle 2019, S. 203 Abb. 5 Grabbefund 285 Jutta von Sachsen-Wittenberg *von Brandenburg

[2] Johannes SCHULTZE, Die Mark Brandenburg. 2. Band: Die Mark unter der Herrschaft der Wittelsbacher und Luxemburger (1319-1415), Berlin: Duncker & Humblot 1961, S. 53

[3] Dieter VELDTRUP, Zwischen Eherecht und Familienpolitik. Studien zu den dynastischen Heiratsprojekten Karls IV., Warendorf: Fahlbusch & Co. 1988, S. 190 Anm. 1104

[4] Franz JÄGER, Das sogenannte Zerbster Totenbuch, a.o.a.O., S. 324

[5] Franz JÄGER, Das sogenannte Zerbster Totenbuch. Ebenda, S. 329 Anhang 3 Nr. 8

[6] Gertrud BENKER, Ludwig der Bayer. Ein Wittelsbacher auf dem Kaiserthron 1282-1347, München: Callwey 1980, S. 197

[7] REICHHARDT, Luther im Kirchenkreise Kemberg. Vortrag, gehalten auf dem 2. Kirchentag zu Kemberg am 22. April 1928, S. 4; Ferdinand SIEBIGT, Das Herzogthum Anhalt-Dessau, Dessau 1866, S. 14; SAGEN und Geschichten aus dem Kreis Wittenberg. Hrsg.v. Kreiskabinett für Kulturarbeit der Lehrer und Erzieher und von Natur- und Heimatfreunden des Kulturbundes der DDR, Wittenberg 1973, S. 53

[8] Friedrich ISRAEL, Das Wittenberger Universitätsarchiv, seine Geschichte und seine Bestände. Nebst den Regesten der Urkunden des Allerheiligenstiftes und den Fundationsurkunden der Universität Wittenberg, Halle/Saale: Gebauer-Schwetschke 1913, Regesten. Anhang I, S. 24f. Nr. 1-2: Pergamenturkunde mit 1 Siegel an Pergamentstreifen und 15 Siegeln an HANFschnur, davon 3 ganz verloren

 

Bild zur Meldung: König Kasimir von Polen als Kirchenstifter

zurück
  • Senden
  • Drucken
  • Nach oben
 
 
Sachsen-Anhalt vernetzt
Startseite      Login      Datenschutz      Impressum